Weitgereister Vermesser

Jörg Geerke blickt auf über 35 Berufsjahre bei HPC zurück

Vor Jörg Geerke liegen 32 Seiten Lebenslauf, eng bedruckt mit Aktivitäten aus mehr als 35 Berufsjahren bei HPC Hamburg Port Consulting. Als Vice President for Institutional Clients kümmert er sich aktuell um weltweite Ausschreibungen für bankfinanzierte Projekte von der Weltbank, Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung oder anderen institutionellen Auftraggebern, um für HPC Angebote abgeben zu können. Bei dieser anspruchsvollen Aufgabe profitiert der 64-Jährige von reichlich praktischer Erfahrung als technischer Berater bei internationalen Projekten.

Wo alles begann: Tiefenmessung und digitale Pionierarbeit

1989 fing er in der Hydrographie-Abteilung an, die es bei HPC bis 1998 gab. Diese angewandte Wissenschaft beschreibt die wasserbedeckte Erdoberfläche. „Am bekanntesten ist das Teilgebiet Bathymetrie“, erklärt er, „das ist die Wassertiefenmessung, also die Peilung, die auch im Hamburger Hafen regelmäßig stattfindet“. Zu Beginn seiner Karriere hat der Diplom-Vermessungsingenieur als Teamleiter das Amt Strom- und Hafenbau auf dem Weg in die Digitalisierung beraten, unter anderem bei der Entwicklung eines hydrographischen Datenverarbeitungssystems. Heute heißt die Behörde Hamburg Port Authority. Fortschritt und Namensänderungen gehören zu einer langen Laufbahn dazu, genauso wie immer wieder neue Aufgaben.

Beratung auf Distanz – und doch mittendrin

Dazu zählte ab Mitte der 1990er-Jahre das „Backstopping“ beim Aufbau eines hydrographischen Dienstes für das Nationale Ozeanographische Institut von Sri Lanka. Der Experte unterstützte von Hamburg aus Kollegen in Colombo bei der Spezifizierung und Beschaffung eines Vermessungsschiffs. Zusammen mit Einheimischen einen hydrographischen Dienst zu entwickeln, gefiel ihm – auch, wenn er damals noch nicht vor Ort eingesetzt war. Das Pilotprojekt der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ), die mittlerweile in der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) aufgegangen ist, markiert in Geerkes Karriere den Einstieg in partnerschaftliche Entwicklungszusammenarbeit. Nach acht Jahren in der HPC-Zentrale ging er 1998 selbst ins Ausland. Bei Projekten von GTZ/GIZ, Weltbank-Gruppe, Afrikanischer Entwicklungsbank oder KfW Kreditanstalt für Wiederaufbau lernte er vor allem Afrika abseits touristischer Hotspots kennen.

Ein Koffer, Französischkenntnisse – und ein Auftrag in Westafrika

Guinea wurde Geerkes Schicksalsland. Dorthin entsandte HPC ihn auf erste große Dienstreise, nachdem er proaktiv an der Volkshochschule seine Sprachkenntnisse aufgefrischt hatte, weil er wusste: „Französisch konnten im Norden nicht so viele.“ Durch sein Geodäsiestudium an der Universität Hannover und seine Consulting-Kenntnisse war er der richtige Mann, um mit einem französischen Kollegen Unterhaltungsbaggerarbeiten im permanent versandenden Hafen von Conakry zu überwachen. Das umfangreiche Projekt umfasste eine erste bathymetrische Vermessung des Hafens und Zugangskanals. Geerke berechnete Baggermengen, erstellte Ausschreibungsunterlagen, bewertete Angebote, schulte lokales Personal. An die schwüle Hitze gewöhnte er sich genauso wie an die Wildwest-Bedingungen in „einem der schwierigen Länder in Westafrika“. Er blieb zwei Monate, lernte seine damalige Partnerin kennen und fühlt sich Guinea seitdem eng verbunden.

Dschungel, Zelt und Trommeln am Fluss

Als er 2002 für drei Monate als Projektleiter zurückkehrte, um die Schiffbarkeit des Flusses Mellacorée und den Zugang für Seeschiffe zum Hafen Benty zu untersuchen, musste er mangels Hotels zunächst zelten. Einen Gänsehautmoment erlebte der Ingenieur, als ein deutsches Vermessungsschiff einlief, begleitet von Pirogen, übervoll mit Menschen: „Am ganzen Flusslauf waren Trommeln zu hören.“ Zur offiziellen Begrüßung kam die Transportministerin mit hunderten von Soldaten. Davon breitet Geerke Fotos vor sich aus, auch von Sandpisten im Dschungel, einmal ist ein Pkw mit einem anderen Auto auf dem Dach zu sehen. Die für europäische Augen exotische Welt hielt er per Digitalkamera fest, auch bei längeren Arbeitsaufenthalten in Bangladesch, Ghana oder der Demokratischen Republik Kongo. „Eine sehr spannende Zeit“, resümiert er.

Von Abenteuerlust zur Strategiearbeit

Die Bauüberwachung bei hydrographischen Beratungsprojekten gefiel ihm, weil er „am Ende den Erfolg sehen konnte“. Doch die internationale Beratertätigkeit hat sich stark verändert. Mit den Jahren leitete er immer häufiger Studien – vom Hafenentwicklungsplan über ein Geschäftsszenario für ein Logistikzentrum bis zur Machbarkeitsstudie für nachhaltige Hafenabfallwirtschaft. „Als HPC 1976 gegründet wurde, gab es langjährige Beratungsverträge mit Hafenbehörden, um das Know-how aus Europa zu transferieren“, sagt Geerke. Während seine Reisen „teilweise noch ein Vierteljahr oder einen Monat“ dauerten, staunt er, wenn Kolleg:innen sich „heute während einer Woche Ortsbesichtigung alle Daten besorgen und notwendige Gespräche führen“. Durch Digitalisierung sind Abenteueraufenthalte zu Stippvisiten geschrumpft. Anstatt eine WhatsApp-Nachricht loszuschicken, musste Geerke Festnetztelefonate anmelden, sein erstes Diensthandy hatte noch eine Ausziehantenne.

70 Projekte, 30 Länder, ein Kompass

In über drei Dekaden hat er rund 30 Länder für HPC bereist, circa 70 Projekte abgeschlossen und über 100 Angebote ausgearbeitet. Seit der Pandemie ist er zurück in Hamburg, wo seine Karriere begann. Allerdings bedeutet das alles andere als einen ruhigen Job: „Ich bekomme andauernd Ausschreibungen und begleite viele Projekte.“ Ihn freut, dass er beim 50. Firmenjubiläum im nächsten Jahr weiter an Bord sein wird, bevor er nach 37 Jahren Berufstätigkeit bei HPC Ende 2026 in den Ruhestand wechselt.

Was bleibt nach einem Arbeitsleben zwischen Karten, Küsten und Kontinenten? Eine beeindruckende Laufbahn, die zeigt, wie sehr Fachwissen, Neugier und Resilienz in der internationalen Beratung gefragt sind – damals wie heute.

Jörg Geerke

Vizepräsident für das Geschäft mit konstitutionellen Kunden 

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